Die Endlichkeit der ausländischen Billiglohnkräfte
- Bernhard Pohlhammer
- 28. Juli 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. März
Von MMMag. Bernhard Pohlhammer www.fluxuscon.com
Ich bin seit über 30 Jahren als Berater für HM (Human Management) weltweit tätig und habe so manche Auslagerung und Rückholung erlebt. Ob es China war und sich manches Unternehmen eine blutige Nase holte, weil man das Know-How dann doch leider fast kostenlos den Chinesen überlassen musste, oder noch ziemlich draufzahlte. Oder Indien, wo man angesichts der auch sehr unterschiedlichen Kultur die Situation falsch beurteilte und ebenfalls draufzahlte, mir sind derlei Dinge nicht ganz unbekannt. Gerade mit Indien habe ich mich lange beschäftigt und auch sehr positive Erfahrungen gemacht!

Die Entwicklung der EU ist ein sehr positives Beispiel von Wirtschaftsentwicklung, auch für jene Länder, die dadurch Ihre Produktivität bedeutend steigern konnten und so wesentlich höher Wertschöpfung im Land generierten und generieren. Lange profitierten wir von unseren Investitionsgütern und Konsumgütern im Export, jetzt ziehen Zölle und Know-How-Abfluss in eine andere Richtung und vieles wird bei uns schwieriger.
Trotzdem klagen viele Unternehmen, dass Sie kaum MitarbeiterInnen finden und dies natürlich auch, weil ehemals osteuropäische MitarbeiterInnen wegfallen, nachdem sie in ihrem Land auch ganz passabel entlohnt werden und steuerlich nicht derart belastet werden, wie in Österreich, zum Beispiel. Noch dazu sind sie dann ihren Familien nahe und nicht gerade mal geduldete AusländerInnen in Österreich.
Wir stehen also mitten in einer Entwicklung, die einerseits unsere demografische Pyramide zuspitzt und andererseits es immer unattraktiver ist und eventuell wird, für uns und bei uns zu arbeiten.
Wenn ich mir vorstelle, wie das Bauwesen ohne die vielen ausländischen Bauarbeiter zurande kommen soll, oder im Reinigungsservice, oder auch in der Gastronomie, … dann wird es knapp.
Die Antwort, neben dem effektiven Einsatz von Robotern, Maschinen und anderen technischen Gerät, könnte in Afrika liegen, oder bei Flüchtigen vieler Länder. Viele Menschen aus Afrika zum Beispiel, versuchen ohnehin die EU zu erreichen, aber wir versperren ihnen den Weg systematisch und hoch emotional.
Wenn man politisch gesehen Angst vor „Überfremdung“, um dieses grauenhafte Wort einmal zu schreiben hat, dann ist ein Paradigmenwechsel unausweichlich! Entweder man verlässt den Weg des möglichst Günstigen, oder man setzt vermehrt auf Qualität, was angesichts der Auslagerung des Know-How oft schwierig ist.
Bleibt man bei möglichst günstigen Preisen, kann man Folgendes tun, sofern man nur mit niedrigen Preisen operieren will, oder muss:
1. In ein nicht zur EU gehöriges Land ausweichen, wie Serbien, die Türkei, … und dort solange dort bleiben, bis deren Lohnniveau sich dem unseren annähert. In Kauf nehmend, dass diese recht undemokratischen Regierungen oft kein gutes Rechtssystem beherbergen, …
2. Im Stammland selbst bleiben und wohl oder übel die Preise für Arbeit bezahlen und sich so dem Risiko aussetzen, dass man von China links und von Indien, … von rechts durch günstigere Preise überholt wird.
3. Maximale Automation im Stammland
4. Vielleicht doch daran denken, dass die bisherigen Arbeitsbedingungen und Konditionen nicht wirklich die Marktsituation widerspiegelt und auch nicht wirklich im Sinne einer gerechten Situation sind. Es ist nicht nur das Verdienst, welches hier in die Waagschale gelegt werden kann, es ist auch sehr häufig die Lebensqualität, sofern es die entsprechende Position überhaupt wahrnehmbar macht.
Genau zu Punkt 4 und der Lebensqualität möchte ich ein paar Möglichkeiten aufzählen, um zu zeigen, dass man Vieles tun kann:
Vorweg möchte ich ganz deutlich klar machen, dass wir uns in einem stetigen Wandel befinden und die beschriebenen Möglichkeiten nicht überall und manchmal nur für einen gewissen Zeitraum Wirkung erzielen können und natürlich kommt es sehr stark darauf an, wie man diese kommuniziert und umsetzt, weshalb ich ja NeuroEmployerBranding© entwickelte:
a) Wir leben in einem Land von enormer persönlicher Sicherheit. In meinem Leben war ich des Öfteren in Ländern unterwegs, wo diese persönliche Sicherheit nicht gewährleistet war und noch immer nicht ist. Sofern man daran denkt eine Familie zu gründen, sind gewisse Länder, oder Städte empfehlenswerter als andere.
b) Auch wenn ich mit dem österreichischen Bildungssystem (Ausnahmen, wie das duale System, manche Studienrichtungen, Teile der Handwerksausbildung, …) sehr hadere, so ist es sicher und ermöglicht auch ohne Privatschuleingriff eine zumindest halbwegs solide Ausbildung
c) Abgesehen von größeren Städten, sind die Wohnpreise im Vergleich zu vielen Ländern erschwinglich
d) Österreich ist trotz Corona und manch politischer Entwicklung stabil und hier kann man ein Leben mit eher absehbaren Folgen führen, als in vielen anderen Ländern der Welt. Dies ist auch für Unternehmen ein kalkulierbarerer Zustand, um voran zu kommen, auch wenn sich gerade aktuell sehr viel tut und dies nicht immer Richtung Stabilität wirkt.
e) Österreich ist Teil eines der größten Märkte der Welt (EU) und sicherheitstechnisch auch in einer guten Position, trotz des Ukrainekrieges
f) Österreich ist neutral und auch dies ist ein sehr positives Zeichen für mögliche Zuwanderer und Zuwanderinnen
g) Das Gesundheitssystem ist gut ausgebaut
h) Viele Unternehmen sind Spitzenreiter in ihrem Feld
i) Die Kaufkraft in Österreich ist immer noch hoch im Vergleich
Dies sind nur ein paar Beispiele, wo man den entsprechenden Marketingmix ansetzen kann, um vielleicht doch die richtigen Bewerber zu finden, zu bilden und zu binden.
ICH MÖCHTE AUSDRÜCKLICH DARAUF HINWEISEN, DASS DIES KEINE POLITISCHE ÄUSSERUNG IST, SONDERN EINE REINE ANALYSE DER SITUATION AUS SICHT EINES HR-BERATERS!
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